Gleichgewichtstraining

Katrin Schindler/pixelio.de
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Der Gleichgewichtssinn steuert uns wie ein Navigationssystem durch den Raum. Die Bewegungsrichtung und die Beschleunigung des Körpers werden durch das vestibuläre System wahrgenommen. Die visuelle Wahrnehmung ist für die Erkennung und Verarbeitung relevanter Informationen zuständig. Reize aus dem Körperinneren werden von Propriozeptoren registriert. Oberflächenbeschaffenheiten und Berührungen werden durch den Tastsinn verarbeitet.

Zur Aufrechterhaltung des Gleichgewichts greift das Zentrale Nervensystem (ZNS) immer nur auf einen Sinn oder ein System zurück. Bei gesunden Erwachsenen werden bevorzugt die Propriozeption und der Tastsinn für die Erhaltung des Gleichgewichts eingesetzt (Nashner, 1982).

Propriozeption - der sechste Sinn

Das Sehen, Hören, Fühlen, Riechen und Schmecken sind zwar für die Wahrnehmung unserer Umwelt von enormer Bedeutung, doch erst mithilfe der Propriozeptoren (es handelt sich um Rezeptoren = Fühler der Haut, Muskeln, Sehnen und Gelenke) erhalten wir wichtige Informationen über die Position unseres Körpers im Raum, den Spannungszustand von Muskeln und Sehnen oder die Bewegungsrichtung. Nehmen wir zum Beispiel den Einbeinstand. Schließen Sie für einen Moment die Augen und versuchen Sie das Gleichgewicht auf einem Bein stehend zu halten. Spüren Sie die An- und Entspannung der Unterschenkelmuskulatur. Dieses Zusammenspiel ermöglicht es uns, trotz erschwerter Bedingungen, im Gleichgewicht zu bleiben.

Tastsinn

Der Tastsinn beschreibt die Fähigkeit Druck, Vibrationen und Temperatur über die in der Haut befindlichen Mechanorezeptoren (Sinneszellen) zu registrieren und diese zur Weiterverarbeitung an das Gehirn oder Rückenmark weiterzuleiten. Die größte Dichte an Mechanorezeptoren besitzen die Fingerspitzen und die Fußsohlen. Der direkte Kontakt der Fußsohlen mit dem Untergrund ermöglicht eine bessere Reizwahrnehmung und eine schnellere Reaktionsfähigkeit unseres Körpers auf äußere Gegebenheiten. Ein barfuß durchgeführtes Kraft- und Koordinationstraining kann somit die Qualität und die Effizienz der Bewegungen verbessern.

Sind die Informationen, die die visuelle Wahrnehmung an das ZNS übermittelt, von der Norm abweichend, setzt dieses zur Unterstützung die Propriozeption und den Tastsinn ein (Shumway-Cook & Horak, 1986). Am Beispiel eines an uns vorbeifahrenden Autos kann die Bedeutung der Propriozeptoren und der Mechanorezeptoren besser erläutert werden. Unser Auge nimmt im ersten Moment eine Bewegung wahr, ohne zu differenzieren, ob wir uns oder das Auto sich in Bewegung befindet. Erst durch den Abgleich der Signale der Propriozeptoren und der Mechanorezeptoren kann unser Körper die Situation richtig einordnen.

Propriozeption und Tastsinn schärfen

In einer englischen Studie wurde die Anpassungsfähigkeit der Propriozeption und des Tastsinns bei Balletttänzern untersucht (Hutt & Redding, 2014). Hierfür wurden 18 Studienteilnehmer in zwei Gruppen aufgeteilt. Die Experimentalgruppe trainierte vier Wochen lang ballettspezifische Bewegungen mit geschlossen Augen. Die Kontrollgruppe führte das Training mit geöffneten Augen durch. Vor und nach der Trainingsphase wurde die Gleichgewichtsfähigkeit der Probanden durch einen Star Excursion Balance Test (SEBT) untersucht. Hierbei wird versucht, in einem Einbeinstand, maximal entfernte Punkte mit dem Spielbein zu erreichen. Im Vergleich zu der Kontrollgruppe konnte sich die Experimentalgruppe nach dem vierwöchigen Training im SEBT signifikant verbessern. Die Bewegungsgeschwindigkeit und die Reichweite konnten, bei stabilem Einbeinstand, nach dem Training mit den geschlossenen Augen deutlich gesteigert werden.

Auch wenn die Studie mit trainingserfahrenen Probanden durchgeführt wurde, können allgemeine Rückschlüsse auf ein effektiveres Gleichgewichtstraining gezogen werden. Training mit geschlossenen Augen scheint sich positiv auf die Gleichgewichtsfähigkeit, Bewegungsgeschwindigkeit und Bewegungspräzision auszuwirken. Diese Erkenntnisse ermutigen das Training mit geschlossenen Augen in die zunächst einmal koordinativ weniger anspruchsvollen Übungen, wie den Einbeinstand und Kniebeugen, aufzunehmen. Mit der gesteigerten Standsicherheit können diese Übungen durch Balance-Pads oder Wackelbrettern herausfordernd gestaltet werden.


Literatur:

 

Hutt, K. & Redding, E., 2014. The effect of an eyes-closed dance- specific training programm on dynamic balance in elite pre-professional ballet dancers: a randomized controlled pilot study. J. Dance Med. Sci., 18(1): 3-11.


Nashner, L., M., 1982. Adaption of human movement to altered environments. Trends in Neuroscience, 5: 351-361.

 

Shumway-Cook, A. & Horak, F., B., 1986. Assesing the influence of sensory interaction on balance. Phys. Ther., 66(10): 1548-1550.

 

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