Natürlicheres Laufen mit Barfußschuhen

Bildquelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:FiveFingers_shoes_in_the_snow.jpg?uselang=de
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79 % der Laufeinsteiger verletzen sich innerhalb des ersten Laufjahres beim Laufen mit den gedämpften Laufschuhen (van Gent et al. 2007). Diese Zahl erscheint erschreckend hoch, wenn man bedenkt, dass das Laufen eine natürliche Form der Fortbewegung für den Menschen darstellen sollte. Zahlreiche Schuhhersteller feilen an dem optimalen Laufschuh, allerdings mit wenig Erfolg.

In den letzten Jahren rückte das Laufen mit den Barfußschuhen, auch Minimalschuhe genannt, als Alternative, zunehmend in den Fokus. Es herrscht zurzeit nur ein grober Konsens darüber, wie ein Barfußschuh auszusehen hat (Esculier et al. 2015). Man spricht am ehesten von einem Barfußschuh, wenn das Schuhgewicht sehr gering ist, die Schuhferse relativ dünn ausfällt und kaum Gefälle (Sprengung) zum Vorfuß vorhanden ist. Der Schuh sollte weiterhin eine, in fast jede Richtung, biegsame Sohle besitzen.

Vorteile der Barfußschuhe

Beim Lauf in Barfußschuhen sind eine Verminderung der Schrittlänge und eine Erhöhung der Schrittfrequenz zu beobachten (Altman & Davis 2014). Dieses hat eine Reduktion der Aufprallkräfte auf die unteren Extremitäten zur Folge (Heiderscheit et al. 2011). Knie und Sprunggelenke werden durch die kurzen Schritte somit geschont. 

 

Durch die Erhöhung der Schrittfrequenz um 10 % kann eine Verringerung der Hüftadduktion (ein nach innen Führen des Oberschenkels und Kniegelenks) herbeigeführt werden (Abb. 1) (Heiderscheit et al. 2011). Das Ausmaß der Adduktion wird oftmals in Verbindung mit der Entstehung eines sogenannten ITB-Syndroms (Schmerzsymptome der Oberschenkelaußenseite) und Patellaspitzensyndrom (Schmerzsymptome im Bereich der Kniescheibe), den häufigsten Läuferverlezungen, gebracht (Ferber et al. 2010).

Abb. 1; Bildquelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Genu_valgum.svg
Abb. 1; Bildquelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Genu_valgum.svg

Eine insgesamt biegsame, flache Schuhsohle erlaubt eine direktere Reaktion der Sinneszellen in der Fußsohle auf die Beschaffenheit des Bodens und sorgt damit für  Stabilität in den Sprunggelenken. Ein Umknicken im Sprunggelenk wird dadurch erschwert (Squadrone & Gallzzi 2011).

Verletzungen vorbeugen

Laufen in Barfußschuhen erfordert eine gesteigerte Aktivität der Fußmuskeln. Mit dem Ergebnis, dass vor allem die Fußgewölbemuskulatur aufgebaut wird. Eine ausgeprägte Muskulatur des Fußgewölbes trägt zusätzlich zu stabileren Fuß- und Sprunggelenken bei.

Laufen mit den Barfußschuhen verlangt den Unterschenkelmuskeln einiges ab, denn im Gegensatz zum Laufen mit gedämpften Schuhen landet man im Barfußschuh zuerst mit dem Vorfuß. Die Verletzungsrate im Bereich der Wadenmuskulatur, der Achillessehne und des Wadenbeins bei ungeübten Barfußläufern ist höher, als bei den Läufern mit gedämpften Schuhen. Die Verletzungsraten im Hüft-, Knie- und Fusssohlenbereich (Plantarfaszie) sind hingegen deutlich vermindert (Altman & Davis 2014).

Die Ausdauer lässt sich im Gegensatz zu dem Band-, Muskel- und Sehnenapparat  deutlich schneller aufbauen. Die Steigerungen der Laufintensität und -dauer sollten von Beginn an viel mehr vom Zustand der Unterschenkelmuskeln, Sehnen und Bändern abhängen, als von der Ausdauerfähigkeit. Um Verletzungen des Unterschenkels langfristig vorzubeugen, ist ein sehr vorsichtiges Eingewöhnen notwendig.

Besondere Aufmerksamkeit für Trainingseinsteiger gilt den Wadenmuskeln und damit auch den Achillessehnen. In den ersten 11 Wochen darf die Laufstrecke kurz und das Lauftempo gering ausfallen. Denn in dieser Zeit wird mehr Substanz durch den Umbauprozess in den Sehnen ab- als aufgebaut (Kjaer 2004). Und auch danach sollte die Laufdauer und Intensität sehr behutsam gesteigert werden. Die Anpassung findet nicht über Wochen oder Monate statt, sondern über Jahre. Der Barfußschuh könnte zum Beispiel zunächst einmal beim Spazierengehen, Wandern oder als Ergänzung zum gewöhnlichen Laufschuh angezogen werden. Weiterhin ist es wichtig, beim Laufen in den Barfußschuhen mit dem Mittel- und Vorfuß aufzukommen. Nicht zuletzt sind Kräftigungsübungen für die Fuß-, Unterschenkel-, Oberschenkel und Hüftmuskeln erforderlich.


Literatur


Altman, A., R. & Davis, I., S. (2014). Prospective comparison of running injuries between shod and barefoot runners. Br. J. Sports Med., 10: 1136.


Esculier, J., F., Dubois, B., Dionne, C., E., Leblond, J. & Roy, J., S. (2015). A consensus definition and rating scale for minimalist shoes. J. Foot Ankle Res., 8: 42.


Ferber, R., Noehren, B., Hamill, J., Davis, U., S. (2010). Competitive female runners with a history of iliotibial band syndrome demonstrate atypical hip and knee kinematics. J., Orthop. Sports Phys. Ther., 40(2): 50-58.


Heiderscheit, B., C., Chumanov, E., S., Michalski, M., P., Wille, C., M. & Ryan, M., B. (2011). Effects of step rate manipulation on joint mechanics during running. Med. Sic. Sports Exerc., 43(2): 296-302.


Kjaer, M. (2004). Role of extracellular matrix in adaptation of tendon and skeletal muscle to mechanical loading. Physiol. Rev., 84(2): 649-698.


Squadrone, R., Gallozzi, C. (2011). Effect of five-toed minimal protection shoe on static and dynamic ankle position sense. J. Sports Med. Whys. Fitness. 51(3): 401-408.


Van Gent, R., N., Siem, D., van Middelkoop, M., van Os, A., G., Bierma-Zeinstra, S., M. & Koes, B., W. (2007). Incidence and determinants of lower extremity running injuries in long distance runners: a systematic review. Br. J. Sports Med., Aug; 41(8): 469-480.

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